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Ein nachhaltiges Dorf in Nordfriesland – Gemeinwohlökonomie-Gemeinde Klixbüll

Allgemein

Als BUNDjugend besuchen wir im Rahmen der Exkursionsreihe „Nachhaltige Lebenswelten“ die Gemeinwohlökonomie-Gemeinde Klixbüll in Nordfriesland. Dort erfahren wir von Bürgermeister Werner Schweizer wie ein nachhaltiges Dorf aussieht.

Ortsschild Klixbüll vor Gebäude

Klixbüll ist eine kleines Dorf in Nordfriesland, das nach den Prinzipien der Gemeinwohlökonomie geführt wird. Das bedeutet, dass dort alle politischen Entscheidungen mittels der „Sustainable Development Goals“ (SDGs) auf Nachhaltigkeit geprüft werden. Darüber hinaus war Klixbüll die erste Gemeinde in Schleswig-Holstein, die die Agenda 2030 unterzeichnet hat. Wie das in der Praxis funktioniert und was Klixbüll so nachhaltig macht, haben wir uns einmal vor Ort angeschaut. Bürgermeister Werner Schweizer hat es sich nicht nehmen lassen und uns persönlich und mit dem neuen, vollelektrischem Schulbus der Gemeinde durch Klixbüll geführt.

Gestartet sind wir mit einem Besuch der SoLaWi Kirchenhof Klixbüll e.V. (SoLaWi = Solidarische Landwirtschaft). Dort hat uns an der Scheune, die als Abholstation fungiert, der Vorsitzende Stephan Schirmer empfangen und uns erzählt, was eine SoLaWi ist und wie die SoLaWi in Klixbüll funktioniert. Der Verein hat momentan 61 Mitglieder, von denen 43 einen Ernteanteil in Anspruch nehmen, also wöchentlich Gemüse an der Abholstation Kirchenhof abholen. Dieses Gemüse ist die wöchentliche Ernte, verteilt auf 43 Anteile. Die Menge des Gemüses unterliegt saisonalen Schwankungen.

Das Prinzip einer SoLaWi

Was nicht schwankt, ist der Preis. Dieser ermittelt sich aus den Kosten der SoLaWi, also dem Gehalt der Gärtner*innen, den Kosten für Saatgut und Flächen und so weiter. Daraus ergibt sich ein Gesamtbetrag, der im Jahr aufzubringen ist und auf die Ernteteiler*innen verteilt wird. Bei der SoLaWi Kirchenhof ist die Besonderheit, dass der Verein auch fördernde Mitglieder besitzt. Das bedeutet die Kosten für einen Ernteanteil sind vergleichsweise niedrig, da die Gesamtkosten des Betriebs auf viele Schulter verteilt sind. Ein*e Ernteteiler*in verpflichtet sich immer für ein Jahr, damit der Betrieb Planungssicherheit durch feste monatliche Einnahmen hat. Missernten und Co. führen also nicht zu wirtschaftlichen Schäden, sondern werden von allen gemeinsam getragen.

Die SoLaWi Kirchenhof Klixbüll e.V. befindet sich noch im Aufbau, besitzt aber bereits 2,5 Hektar Fläche, gepachtet von der Kirchengemeinde, die den Verein generell unterstützt. Theoretisch wären damit bis zu 300 Ernteteile möglich – doch dafür braucht es erst einmal Gärtner*innen und Geld. Aber Stephan Schirmer blickt optimistisch in die Zukunft und wird nach eigener Aussage nicht aufgeben, bis auch der letzte überzeugt ist.

Auch wenn es zu Anfang viel Gegenwind gab und manch ein Landwirt der Umgebung der SoLaWi mit ihrem Bioanbau einen Misserfolg wünschte, kommt die SoLaWi inzwischen bei allen gut an. Oder wie es der Bürgermeister Werner Schweizer ausdrückte:

„Nothing beats success.“

Ein „grünes“ Rathaus

Nach unserem Besuch beim Kirchenhof ging es weiter zum Wohnsitz von Werner Schweizer, der gleichzeitig als Rathaus der Gemeinde fungiert. Das Haus ist durch Solarmodule im Garten und eine Solarthermieanlage für warmes Wasser komplett unabhängig von fossilen Energien und auch die Toiletten im Keller orientieren sich an den Nachhaltigkeitszielen. Denn es handelt sich um Komposttoiletten. Noch funktionieren diese mit Wasserspülung, ein Umstand, den der Bürgermeister bedauert: ist es doch Wahnsinn in Zeiten von Wasserknappheit Trinkwasser zur Toilettenspülung zu verwenden.

Auch eine Biokläranlage befindet sich im großen Garten des Hauses. Eine konventionelle Wasserklärung braucht für die Aufbereitung von einem Kubikmeter Wasser etwa eine Kilowattstunde Strom, ist also energieaufwendig. Hier klären Pflanzen die Abwässer, sodass durch die Verwendung der Pflanzenkläranlage für Grauwasser der Energieverbrauch des Hauses weiter reduziert wird.

Auf dem Acker der SoLaWi werden sogar Melonen angebaut

Nach dem Besuch des Hauses und seiner Toiletten ging es weiter zum Acker der SoLaWi, wo wir uns den Gemüseanbau noch einmal genauer anschauten. Noch steht Hafer zwischen den Gemüsereihen, um den Boden aufzubereiten, da dessen Werte durch den konventionellen Anbau des Vorgängers im suboptimalen Bereich liegen. Geht es nach Stephan Schirmer, soll aber bald überall Gemüse wachsen und die SoLaWi noch größer werden.

Bis dahin staunen wir über Melone und Co. im Folientunnel und verspüren beim Anblick des ganzen leckeren Gemüses ein leichtes Hüngerchen.

Also ging es weiter zur Mittagspause in Richtung Dörpscampus, der Schule, Gemeindezentrum und Vereinsheim in einem ist. Unterwegs machten wir noch kurz Halt im Zweitwagenfreien Neubaugebiet der Gemeinde und besuchen die dortige Carsharing-Station. Hier kann sich jede*r Bewohner*in für kleines Geld ein Auto (natürlich elektrisch) mieten und damit z.B. zum Einkaufen fahren.

Im DörpsCampus angekommen, gab es einen kleinen Imbiss, bevor uns Werner Schweizer noch einen Einblick in die theoretischen Hintergründe der Gemeinwohlökonomie und seine Motivation, die Ideen des nachhaltigen Lebens in die Praxis umzusetzen, gibt. Und auch ein nächstes Großprojekt für Klixbüll steht schon in den Startlöchern: Höhenwindkraft. Eine Anlage gibt es bereits und die Motivation diese Technik weiter auszubauen, ist auf jeden Fall vorhanden. Und auch über eine klimaneutrale Luftfahrt wird hier sehr intensiv nachgedacht.

Wir bedanken uns ganz herzliche bei Bürgermeister Werner Schweizer und Stephan Schirmer, dass sie uns die tollen Ansätze für ein nachhaltiges Dorf, die in Klixbüll bereits umgesetzt werden gezeigt haben. Wir haben viel gelernt und sind uns sicher: von Klixbüll haben wir bestimmt nicht zum letzten Mal gehört.

Im Video gibt es noch ein paar weitere Eindrücke von Klixbüll:

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